Handlungsfeld 2

Das Handlungsfeld 2 des 1. Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) enhält Maßnahmen für die Bereiche Gesundheit, Rehabilitation, Prävention und Pflege.

Über das Handlungsfeld

Artikel 25 (Gesundheit) der UN-BRK erklärt, dass niemand aufgrund seiner Behinderung einen schlechteren Zugang zur Gesundheitsversorgung haben darf als Menschen ohne Behinderung. Alle haben dasselbe Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit. Dafür müssen auch Gesundheitsleistungen verfügbar sein, die gerade aufgrund von Behinderungen benötigt werden – ebenso wie
Leistungen, durch die weitere Behinderungen vermieden oder möglichst gering gehalten werden sollen.
Gemäß Artikel 26 (Habilitation und Rehabilitation) sind Maßnahmen zu treffen, um Menschen mit Behinderungen ein Höchstmaß an Unabhängigkeit und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu gewährleisten.
Bisher kann die freie Arztwahl oder die Möglichkeit einer Versorgung im Krankenhaus je nach Behinderungsform erheblich eingeschränkt sein. Medizinische Versorgungsangebote sind nicht immer barrierefrei zugänglich. Und individuell sehr unterschiedliche Bedarfslagen erfordern teilweise einen erheblich höheren Personaleinsatz bei der Pflege, der kaum mit geltenden Fallpauschalen vereinbar ist.

Wirbel mit einem Kreiz-Symbol in der Mitte

Maßnahmen im Handlungsfeld

Maßnahme 12: Weiterentwicklung der Pflegeangebote für gehörlose Menschen

Beschreibung:

Die bestehenden Beratungs- und Pflegeangebote für gehörlose Menschen und ihre Angehörigen sollen verbessert und weiterentwickelt werden. Über die damalige Kommentarfunktion der ersten Version des Internetportals muenchen-wird-inklusiv wurden dazu mehrere Maßnahmen vorgeschlagen, die nun geprüft werden.

Zunächst wird der Bedarf von pflegebedürftigen Menschen mit Hörbehinderung erfasst und mit den vorhandenen Maßnahmen zur Unterstützung, Beratung und Versorgung verglichen. Die unterschiedliche Situation von Gehörlosen, Ertaubten, Taubblinden und Menschen mit Cochlea-Implantat muss dabei berücksichtigt werden. Es wird geprüft, ob später auch Menschen mit anderen Hörbehinderungen einbezogen werden sollen.

Die schon bestehenden Angebote sollen koordiniert, bei Bedarf weiterentwickelt und gegebenenfalls ausgebaut werden. Es wird geprüft, ob neue Beratungsleistungen und Versorgungsangebote notwendig sind. Dazu wird eine Gruppe mit Beteiligung unterschiedlicher Dienstleister und Institutionen gebildet, in der auch der Behindertenbeirat und örtliche Betroffenenverbände vertreten sind.

Erwartete Auswirkungen:

  • Die Beratungs- und Versorgungsstruktur für pflegebedürftige Menschen mit Hörbehinderung und ihre Angehörigen wird transparent.
  • Die Beratungsleistungen verbessern sich.
  • In den Sozialbürgerhäusern wird eine spezielle Beratung durch die Fachstellen für häusliche Versorgung angeboten.
  • Anbieter von Pflege- und Beratungsleistungen entwickeln auf die Zielgruppen abgestimmte Angebote.
  • Die Kosten, die durch den Mehraufwand bei Pflege- und Dienstleistungen aufgrund von Hörbehinderung entstehen, sollen zukünftig übernommen werden

Aktueller Stand:
Die Maßnahme ist umgesetzt und wird dauerhaft fortgeführt.

Maßnahme 13: Initiierung bedarfsgerechter ambulanter gynäkologischer Versorgungsstrukturen für mobilitätsbehinderte Frauen

Beschreibung:
Um ein realisierbares Modell der bedarfsgerechten ambulanten gynäkologischen Versorgung für mobilitätsbehinderte Münchnerinnen zu entwickeln, soll der Bedarf präzisiert und der Austausch verschiedener Akteure initiiert und moderiert werden. Dazu wurden die Betroffenen befragt, der Ist-Stand der Versorgung erhoben und die Erfahrungen bestehender gynäkologischer Ambulanzen in Deutschland ausgewertet. Unter breiter Beteiligung der relevanten Akteure werden Modellvorschläge entwickelt und beraten und schließlich gilt es, geeignete Kräfte für die Umsetzung zu gewinnen.

Erwartete Auswirkungen:

  • Verbesserung der gynäkologischen Versorgung mobilitätsbehinderter Münchnerinnen
  • Verbesserte Krebsfrüherkennung bei der Zielgruppe

Aktueller Stand:
Die Maßnahme ist umgesetzt.

Maßnahme 14: Integration des Aspektes „Behinderung“ in den Bearbeitungsstandard der Beschwerdestelle für Probleme in der Altenpflege

Beschreibung:
In der Einzelfallarbeit der Beschwerdestelle für Probleme in der Altenpflege stehen bisher die Themen „Alter“ und „Pflegebedürftigkeit“ im Vordergrund. Zukünftig soll der Aspekt „Behinderung“ stärker berücksichtigt und als Standard in die Bearbeitung aufgenommen werden. Dabei kann es um gesellschaftliche Teilhabe, Rehabilitation und die Erschließung von Leistungen gehen. Ziel ist, die Themen Alter, Pflegebedürftigkeit und Behinderung gemeinsam zu denken und zu bearbeiten.

Erwartete Auswirkungen:
Probleme von Menschen mit Behinderungen in der Altenpflege können in der Beschwerdestelle umfassend bearbeitet werden.

Aktueller Stand:
Die Maßnahme ist umgesetzt und wird dauerhaft fortgeführt.

Maßnahme 15: Spezielles Beratungsangebot für seelisch behinderte oder von seelischer Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche

Beschreibung:
Bei Verdacht auf psychische Erkrankungen bei Kindern oder Jugendlichen steht ein multidisziplinäres Team für die Beratung von Sorgeberechtigten, Kindern und Jugendlichen sowie Fachkräften zur Verfügung. Nach der Klärung des Falls erfolgt eine qualifizierte Weitervermittlung; darüber hinaus besteht die Möglichkeit der
persönlichen Beratung und in besonderen Fällen auch der Diagnostik in der Beratungsstelle. Die Beratung ist kostenlos, auf Wunsch anonym und bei Bedarf stehen Dolmetscher*innen zur Verfügung.

Durch die Beratung und Diagnostik kann psychischen Erkrankungen vorgebeugt bzw. einer Verschlechterung und Chronifizierung entgegen gewirkt werden. Insbesondere sollen auch benachteiligte Kinder und Jugendliche mit oder ohne Migrationshintergrund aus Münchener Familien mit psychosozialen Problemen erreicht werden.

Erwartete Auswirkungen:

  • Kinder und Jugendliche finden nach der Beratung eine passgenaue Behandlung, Versorgung oder sonstige Unterstützung für die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
  • Eltern erhalten entsprechende Beratung und Unterstützung.

Aktueller Stand:
Die Maßnahme ist umgesetzt und wird dauerhaft fortgeführt.

Maßnahme 16: Berücksichtigung der UN-BRK beim Vollzug des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (PfleWoqG)

Beschreibung:
Die Heimaufsicht im Bereich Behindertenhilfe ist für die Überwachung von gegenwärtig 53 stationären Einrichtungen und zwölf betreuten Wohngruppen durch wiederkehrende Prüfungen oder bei Beschwerden zuständig. Ziel der Prüfungen ist die Durchsetzung der Qualitätsanforderungen laut Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, um die Bewohner*innen– oftmals in ihrem letzten Lebensabschnitt – vor existenziellen Beeinträchtigungen zu schützen und konkrete Verletzungen der Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Freiheit zu verhindern. Auf jeden Versorungstyp muss mit entsprechendem Fachwissen und Flexibiliät eingegangen werden, um die Lebensqualität und das Schutzbedürfnis der dort versorgten Bewohner*innen erfassen zu können. Es ist eine große Herausforderung die Einrichtungen für Menschen mit einer seelischen, körperlichen, geistigen oder mehrfachen Behinderung oder Suchterkrankung zu beraten und zu prüfen.

Hier einige Beispiele unbestimmter Rechtsbegriffe:

  • Pflege- und Betreuungkräfte sind in ausreichender Zahl vorzuhalten
  • In stationären Einrichtungen sind die besonderen Bedürfnisse der Bewohner*innen mit Behinderungen zu berücksichtigen.
  • Betreuende Tätigkeiten dürfen nur unter angemessener Beteiligung von Fachkräften wahrgenommen werden.

Natürlich bieten diese unbestimmten Rechtsbegriffe dem Prüfer einen Ermessens- und Beurteilungsspielraum. Die Prüfergebnisse unterliegen jedoch einer subjektiven Wahrnehmung und Wertung und können Menschen mit Behinderungen diskriminieren.

Erwartete Auswirkungen:

  • Einheitlicher ordnungsrechtlicher Vollzug bei gleicher Klientel sowie bedarfsgerechter Vollzug bei unterschiedlicher Klientel.

Aktueller Stand:
Die Maßnahme ist umgesetzt und wird dauerhaft fortgeführt.


Weitere Handlungsfelder des 1. Aktionsplans

Handlungsfeld 10

Spezielle Zielgruppen

Handlungsfeld 11

Statistik und Datensammlung

Handlungsfeld 1

Frühe Förderung, Schule, Bildung

Handlungsfeld 3

Arbeit und Beschäftigung

Handlungsfeld 4

Barrierefreiheit, Mobilität, Bauen

Handlungsfeld 5

Erholung, Freizeit, Kultur, Sport

Handlungsfeld 6

Recht, Freiheit, soziale und finanzielle Sicherheit, Diskriminierungsverbot

Handlungsfeld 7

Selbstbestimmte Lebensführung

Handlungsfeld 8

Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben

Handlungsfeld 9

Bewusstseinsbildung