Schutz vor sexuellem Missbrauch für Menschen mit und ohne Behinderungen

„Prävention und Schutz vor sexuellem Missbrauch in Institutionen und Einrichtungen“: so lautet der Titel der Maßnahme 42 des 1. Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Ziel des 2013 vom Stadtrat beschlossenen 1. Aktionsplans ist die Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Für die Umsetzung der Maßnahmen sind, je nach Themenbereich, unterschiedliche Referate zuständig. Bei der Maßnahme 42 des 1. Aktionsplans handelt es sich um ein Kooperationsprojekt des Stadtjugendamts mit dem Münchner Verein AMYNA, Institut zur Prävention von sexuellem Missbrauch. Wie die Arbeit des Vereins im Rahmen des Aktionsplans aussieht, beschreibt Petra Straubinger. Die Sozialpädagogin ist bei AMYNA zuständig für das Querschnittsthema Inklusion. Zu ihren Aufgaben gehört die Entwicklung und Umsetzung von individuellen Angeboten in den Bereichen Trägerberatung, Fortbildung und Vorträge.

Frau Straubinger, gibt es Warnsignale, an denen man erkennen kann, dass ein Junge oder Mädchen sexuell missbraucht wird oder von sexuellem Missbrauch bedroht ist?
Petra Straubinger: Wenn Mädchen oder Jungen sich belastet zeigen und der Grund dafür noch nicht klar ist, ist es sinnvoll, sexuellen Missbrauch als eine mögliche Ursache in Betracht zu ziehen. Spezifische „Symptome“, an denen man einen sexuellen Missbrauch einfach so erkennen kann, gibt es nicht. Es gibt jedoch Möglichkeiten, Kindern und Jugendlichen das erstmalige Aufdecken eines sexuellen Missbrauchs zu erleichtern.
Wichtig ist, dass Fachkräfte, Eltern und alle anderen im Umfeld den Kindern vorleben und sie erleben lassen, dass sie Rechte haben. Kinder brauchen eine Sprache für das Erlebte, um davon berichten zu können. Aus Sicht der Prävention ist es also von zentraler Bedeutung, dass mit Mädchen und Jungen altersgerecht und feinfühlig über sexuellen Missbrauch gesprochen wird. Kinder und Jugendliche brauchen die Erfahrung, dass Erwachsene ihnen zuhören und bei Problemen zuverlässig und liebevoll zur Seite stehen. Sie brauchen Erwachsene, die über das Thema informiert sind und wissen, wo es Hilfe gibt. Und sie brauchen das Gefühl, dass ihr Gegenüber nicht unter der Last einer Aufdeckung zusammenbricht. Eltern, Fachkräfte und alle, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, können also viel dazu beitragen, dass ein sexueller Missbrauch früh aufgedeckt wird.

Können Sie kurz beschreiben, was AMYNA im Rahmen des Aktionsplans anbietet?
Petra Straubinger: Wir qualifizieren Fachkräfte, die mit Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung arbeiten. Die Fachkräfte sind sowohl in integrativen und inklusiven Regeleinrichtungen als auch in Einrichtungen der Behindertenhilfe tätig.

Porträt einer jungen Frau mit Pagenschnitt
Petra Straubinger, Sozialpädagogin beim Verein AMYNA

Unser inhaltlicher Themenschwerpunkt ist die Prävention vor sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Im Rahmen der Maßnahme 42 des 1. Aktionsplans konnten unsere Fortbildungs- und Beratungsangebote differenzierter für integratives und inklusives Arbeiten ausgebaut werden. Außerdem entstanden dadurch auch unser kostenloser Newsletter „Inklusion in 5 Minuten“ und das Fachbuch „Prävention all inclusive?!“.

In welcher Form findet die Qualifizierung von Fachkräften statt?
Petra Straubinger: Wir halten Vorträge und bieten Fortbildungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterschiedlicher Einrichtungen an. Die Fortbildungen führen wir in unseren Räumen durch oder bei den jeweiligen Institutionen direkt vor Ort.
Interessierte Fachkräfte können sich bei unserem Bildungsprogramm zu ganz unterschiedlichen Themenbereichen anmelden: Das reicht von Sexualerziehung über Unterstützung zur Erstellung eines trägereigenen Schutzkonzepts bis hin zum Umgang mit Nähe und Distanz. Vereinzelt lassen sich Träger oder Teams bei uns auch zu speziellen Themen der Prävention beraten.

Wer profitiert noch von den Inhalten von AMYNA?
Petra Straubinger: Erziehungsberechtigte.

Wie werden Erziehungsberechtigten die Inhalte vermittelt und welche Fragen beschäftigen die Eltern?
Petra Straubinger: AMYNA bietet Elternabende zu Themen wie Sexualerziehung oder sexuelle Grenzverletzungen an. Die Elternabende werden von Kindertagesstätten, Heilpädagogischen Tagesstätten oder Schulen angefragt und organisiert.
Eltern wollen ganz grundlegend erfahren, wie eine gute und kindgerechte Sexualerziehung aussehen kann und wie sie ihre Kinder vor sexuellem Missbrauch beschützen können. Wie das gelingen kann, wird sehr konkret anhand von Beispielen aus dem familiären Erziehungsalltag vermittelt. Hierzu wird auch die Elternbroschüre „Wie schütze ich mein Kind!“ angeboten. Diese Broschüre gibt es in acht Sprachen. Wer in München wohnt, kann die Broschüre kostenlos bei AMYNA bestellen.

Wie kann man sich an AMYNA wenden, wenn man sich beraten lassen will oder an einem Qualifizierungsangebot interessiert ist?
Petra Straubinger: Interessierte können uns unter der Telefonnummer 089/ 89 05 74 51 00 erreichen. Unsere Telefonsprechzeiten sind dienstags von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr sowie donnerstags von 10 bis 12 Uhr.
Nach erfolgter Anmeldung kann man sich außerhalb der Schulferien auch direkt bei uns vor Ort rund um das Thema „Prävention“ beraten lassen. Dies ist dienstags zwischen 16 und 18 Uhr möglich. Unseren Besucherinnen und Besuchern steht außerdem eine umfangreiche Bibliothek und Materialsammlung zur Verfügung.
Anfragen für Inhouse-Schulungen können per E-Mail an info@amyna.de geschickt werden. Fortbildungen, Vorträge und weitere Angebote von AMYNA sind auf unserer Homepage www.amyna.de aufgeführt. Dort kann man sich für das jeweilige Angebot auch direkt anmelden.

Über Redaktion

Koordinierungsbüro zur Umsetzung der UN-BRK